Mittwoch, 18. November 2015

Werden Robo Advisor die Bankenwelt verändern?


Gastbeitrag von Florian Müller
Die Digitalisierung wird zukünftig auch den Bankensektor gehörig umwälzen. Einerseits nimmt das Filialsterben der Bankfilialen weiter in großem Tempo zu, andererseits sollen Bankberater zukünftig durch Roboter, auf neudeutsch „Robo Advisor“, ersetzt werden. Dies sind die ersten Anzeichen für einen schnellen Innovationsprozess der sogenannten FinTech-Unternehmen, die mächtig auf das Gaspedal drücken um den Wandel in der Finanzindustrie endgültig einzuläuten. Die Startups hier in Frankfurt sind deutlich schneller in der Umsetzung, als die viel zu langsam agierenden Platzhirsche der großen renommierten Banken. FinTech steht für Financial Technology - darunter fallen alle elektronischen Technologien rund um das Thema Finanzdienstleistung. Die Start-ups und Unternehmen im FinTech-Segment wildern meist in den Geschäftsfeldern der angestammten Banken und Versicherungen. Die Bandbreite der Firmen im Segment reicht von mobilen oder webbasierten Zahlungssystemen über Kontoverwaltung bis zu Anlagekonzepten und –strategien die individuell zusammengestellt werden können. Diese sind grafisch sehr schön dargestellt und plastisch veranschaulicht.

Bildergebnis für roboter
Solche Gedankenspiele sind nicht mehr weit weg von der Realität. Das Retailbanking, sprich die Privatkundenbetreuung, kann heutzutage fast schon komplett online abgedeckt werden. Von der Kontoeröffnung über Depot, Steuer und Anlageallokationen mit verschiedenen Anlageklassen – alles kann online abgeschlossen und verwaltet werden. Einfach, problemlos und schnell geht die Abwicklung. Ein Manko sehe ich allerdings doch in der zukünftigen Entwicklung: den persönlichen Austausch mit einem Ansprechpartner in der Bank halte ich für essentiell wichtig und nicht ersetzbar. Der Aufbau von Vertrauen in die andere Person und der individuelle Austausch zwischen zwei Menschen sind entscheidende Faktoren bei einer Beratung des Kunden. Des Weiteren ist Diskretion eine der obersten Prämissen in der Betreuung von Kunden. Wer spricht auch schon gerne mit einem Computer über seine Finanzen? Wer gewährleistet die Sicherheit der Daten und den Schutz der Person, falls die gespeicherten Daten in falsche Hände geraten?

Natürlich fehlen bei dieser Interaktion die menschlichen Züge, die ein Roboter nicht hat. Aber gerade Gefühle und ein gewisses Gespür spielen beim menschlichen Miteinander eine wesentliche Rolle. Insofern bleibt abzuwarten, ob sich der Robo Advisor durchsetzen wird. Realistisch erscheint mir, dass der Roboter eine nützliche Zusatzfunktion erfüllt; er übernimmt zum Beispiel Verwaltungsfunktionen für ein Anlagedepot, er erstellt Verträge und bietet Informationen zur Produktpalette. Aber einen Berater in Fleisch und Blut komplett ersetzen? Das traue ich dem Roboter einfach nicht zu. Seinen Platz findet er wie oben erwähnt bei automatisierten Vorgänge in der Abwicklung und Bereitstellung von Dokumenten, Verträgen etc.. Ergo als Unterstützungsfunktion im Sekundärbereich um den Berater ergänzend zu helfen.


Fazit
Ich halte die hundertprozentige digitale Durchdringung und Automatisierung des Finanzsektors für nicht wünschenswert, denn auch dieses System ist fehleranfällig. Das Vertrauen in den Kollegen Computer ist ja ganz schön, aber ein Fehler im Algorithmus eines Programms, ein Kurzschluss beim Strom und schon sind die Probleme vorprogrammiert. Es gilt, den Spagat zu schaffen zwischen den Vorteilen der digitalen Welt und den Vorteilen der herkömmlichen, der realen Welt. Der forsche Drang der FinTech-Unternehmen, die Bankenwelt zu revolutionieren könnte auch nach hinten losgehen. Eine Roboterkompanie, die mich und meine Finanzen durchleuchtet, möchte wohl kein normaler Mensch auf Dauer haben. Punkt aus, basta. Erst neulich war ich auf einer Marketingkonferenz vom Verband unabhängiger Vermögensverwalter, die dieses Thema priorisiert hatten. Es war ein unheimlicher Andrang dort und die Neugierde war enorm hoch. Letztendlich wurde viel debattiert, wie und inwiefern man die Start-ups ernst nehmen soll. Das Thema polarisiert sehr und es bleibt wahnsinnig spannend wie es in diesem Bereich weitergeht

Zum Autor


Florian Müller sammelte schon als Autor umfassende praktische Erfahrungen in der Finanz-Branche. Fasziniert von der Börse setzte er sich mit Warren Buffett und dessen Anlagestrategie, dem Value Investing, auseinander.  Derzeit arbeitet  bei einer unabhängigen Vermögensverwaltung in Frankfurt am Main und betreue dort wohlhabende Kunden. Nebenbei hat er einen eigenen Blog www.boerseneinmaleins.de, mit dem er „Otto Normalverbraucher“ über die Grundlagen zielgerichteten Investierens informiert. Zusätzlich kommt dieses Jahr sein erstes eBook raus mit einer Bedienungsanleitung für den Otto Normalverbraucher, wie man Geld anlegt.